Via RNZ Heidelberg
„Das waren die härtesten Minuten für mich“
Trotz einiger Probleme und kommunalpolitischer Kontroversen war 2019 für Würzner ein gutes Jahr – Jahresabschlussinterview
Von Sebastian Riemer und Holger Buchwald
Die gescheiterte Verlagerung des Betriebshofes war für Oberbürgermeister Eckart Würzner (58) die Niederlage des Jahres. Im ersten Teil des RNZ-Jahresend-Interviews spricht er auch von Grenzen der Bürgerbeteiligung, über die Stadthallensanierung und die finanzielle Situation Heidelbergs.
Herr Würzner, war 2019 ein gutes Jahr für Heidelberg?
Es war ein sehr gutes Jahr. Wenn ich mit Kollegen aus anderen Städten spreche, merke ich, wie gut es uns geht. In Chemnitz etwa kann man die Kanalisation unter der Turnhalle nicht mehr bezahlen, die für den Schulsport notwendig ist. Wir sind mit unseren Themen weit weg von solch einer echten Problemlage.
Und was läuft nicht so gut in Heidelberg?
Die Arbeitsbelastung wird immer größer. Das merke ich nicht nur bei mir, sondern auch bei den Mitarbeitern, die bei all den Anfragen und Aufgaben kaum noch hinterherkommen. Wir sind als Verwaltung sehr bürgerfreundlich. Aber heutzutage möchte jeder eine individuelle Antwort auf seine Fragen.
Woran liegt es, dass das so zugenommen hat?
Es gibt einzelne Personen, die sehr stark an Stadtentwicklungsprojekten beteiligt werden möchten. Sie wollen in allen Details mitreden, bis hin zu den Zeichnungen des Statikers. Das ist aber nicht ihre Aufgabe. Hier müssen wir Grenzen setzen. Die Sitzungen des Gemeinderates, die öffentlichen Vorlagen – jeder kann sich informieren. Mehr können wir nicht leisten, ohne die Verwaltung komplett lahmzulegen.
War es denn auch für Sie persönlich ein gutes Jahr?
Es war gemischt. Ich habe einen langjährigen, guten Freund verloren, der dieses Jahr verstorben ist. Ich bin aber auch zum dritten Mal Großvater geworden. Das ist ein großartiges Gefühl. Wenn man Nachwuchs in den Armen hält, merkt man: Das Leben geht weiter.
Wer hat sie dieses Jahr am meisten geärgert?
Es war nicht Björn Leuzinger mit seiner Bierflasche. (lacht) Aber die Entscheidung zum Betriebshof war für mich und ganz viele in Heidelberg schwer zu verkraften. Das waren die härtesten Minuten für mich, als im Gemeinderat mit einer Stimme Mehrheit entschieden wurde, den Betriebshof nicht auf den Großen Ochsenkopf zu verlagern. Dafür war nicht nur Herr Leuzinger verantwortlich, sondern die Hälfte des Gemeinderates.
Betriebshofverlagerung, Stadthallensanierung, Dezernatsverteilung: Es gab viel Gegenwind bei Ihren Entscheidungen. Haben Sie ein Kommunikationsproblem?
Nein, das glaube ich nicht. Mich fragen viele, warum einmal getroffene Entscheidungen immer wieder infrage gestellt werden. Diese Bürger sagen mir: Steht zu Euren Entscheidungen. Dafür haben wir Euch gewählt.
Sie können den breiten Widerstand gegen einen Betriebshof auf dem Ochsenkopf nicht kleinreden.
Das war kein breiter Widerstand. Es gab eine sehr gute Mobilisierung von einigen wenigen. Wir leben in einer medialen Welt, in der Emotionen eine große Rolle spielen. Vom Bündnis für den Bürgerentscheid wurde der Eindruck erweckt, dass ein Naherholungsparadies vernichtet wird. Aber, ehrlich gesagt, diese Bedeutung hat diese Wiese nie gehabt. Ich sehe dort selten jemanden. In fünf Jahren werden sich alle wundern, warum man diese Wiese neben der Autobahn als das Begegnungszentrum Bergheims verklärt hat.
Wieso haben Sie es trotzdem nicht geschafft, mit Ihren Argumenten zu überzeugen?
Wir hatten einen langen Beratungsprozess und haben viele Varianten geprüft. Am Ende stand ein klarer Beschluss des Gemeinderats für die Verlagerung des Betriebshofes auf den Großen Ochsenkopf. Und doch hat sich am Ende die Hälfte des Gemeinderates nicht daran gehalten. Das ist genau das Problem, von dem ich eben sprach: Es fehlt die Bereitschaft, zu schwierigen Entscheidungen zu stehen.
Sie meinen in diesem Fall die grüne Gemeinderatsfraktion.
Ja, in diesem Fall waren es zum Großteil die Grünen.
War es nicht falsch von Ihnen, alles auf die Karte Ochsenkopf zu setzen?
Haben wir ja gar nicht. Wir haben zwölf Varianten geprüft und intensiv abgewogen. Der Betriebshof muss ins Zentrum einer Stadt, das sagt jeder Verkehrsplaner, auch wenn die Städteplaner das nicht gerne hören. Der Betriebshof in Ludwigshafen – der ist viel neuer als unserer – wird stillgelegt, weil er zu weit draußen ist, weil die Leerkilometer ihn ruinieren. Die vermeintlichen Alternativen weit draußen sind deutlich schlechter oder schlicht unrealistisch. Für Straßenbahnbahn-Schienen an der Speyerer Straße etwa bekommen wir keinen Cent Förderung.
Also behaupten Sie, die Grünen haben immer nur Unsinn erzählt?
Zumindest haben sie eine Geisterdiskussion geführt. Selbst wenn wir Patrick Henry Village mit einer Straßenbahn anschließen, würde man einen Betriebshof nie an diese Strecke verlagern. Das passt weder vom Trassenverlauf noch von der Zeitschiene. Realistisch ist nun nur noch der alte Standort. Das Problem ist, dass er für Bergheims Entwicklung …
… eine Katastrophe ist.
Von Katastrophe reden Sie. Es ist eine Blockade der innerstädtischen Entwicklung. Und perspektivisch bietet das Gebiet für unseren öffentlichen Nahverkehr nicht die gleichen Möglichkeiten wie der Ochsenkopf. Aber es ist nun so beschlossen und so machen wir es.
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